„Der schwarze Bub ärgert uns!“

Samaki mkunje angali mbichi – Ein Suaheli Sprichwort

Auf Deutsch übersetzt – Biege/Falte den Fisch, während er noch frisch ist.“

Hallo – alle miteinander,

letztes Jahr erzählte mir mein Sohn voller Begeisterung, „Mama, mein Freund und ich werden morgen in den Kindergarten das gleiche Hemd anziehen – und weißt du was? Die Tante wird uns nicht auseinander erkennen!“ Aha, dachte ich mir. Sein damaliger Freund war blond und hatte wunderschöne blaue Augen. Mein Sohn hat schwarze Locken und wunderschöne braune Augen. Sie haben es nicht einmal gemerkt, wie unterschiedlich sie sind. Wen interessiert es eigentlich?

Nelson Mandela hat einmal gesagt; „Niemand wird geboren, um einen anderen Menschen zu hassen. Menschen müssen zu hassen lernen und wenn sie zu hassen lernen können, dann kann Ihnen auch gelehrt werden zu lieben, denn Liebe empfindet das menschliche Herz viel natürlicher als ihr Gegenteil.“

Am Wochenende waren wir beim Maibaumaufstellungsfest in der Ortschaft. Wir leben seit ein paar Monaten in einer Ortschaft mit ungefähr 1500 Einwohnern. Ich liebe es am Land zu leben und es ist wunderschön bei uns im Ort. Viele Freunde haben mich damals gefragt, was ich am Land zu suchen habe. Sie machten sich Sorgen um uns und ich solle nach Wien umziehen. Meine Entscheidung stand aber schon fest.

So freundlich und herzlich sind wir aufgenommen worden. Ich habe gleich am Anfang meine Kinder mitgenommen und wir gingen von Nachbarn zu Nachbarn, um uns vorzustellen. In der Bäckerei und im Geschäft (Nah und Frisch) stellten wir uns auch vor. Wir besuchten Feste und machten fast überall mit. Ich liebe die österreichische Feste, das Zusammenkommen, miteinander plaudern, zwei drei Spritzer trinken, traditionelles Essen genießen – einfach herrlich!

Ehrlich gesagt, habe ich bis jetzt keine negative Erfahrungen in unserem neuen Heim gemacht. Mit meiner positiven Ausstrahlung werde ich sicher keine machen :-). In Kenia bin ich auch am Land aufgewachsen, mir gefällt die Gemeinschaft und der Zusammenhalt am Land. Hier grüßen sich die Leute noch und fast jeder kennt jeden. Ich wollte meinen Kindern diese Werte weiter vermitteln. Sie fanden auch sehr bald Freunde im Kindergarten und in der Schule. Bei so einer Plaudertasche als Mutter haben sie keine andere Wahl :-).

Zurück zum Maibaumfest;  die Kinder haben miteinander gespielt und es war ein wundervoller Abend. Später kam ein neun oder zehn jähriges Mädchen zu mir und sagte mir aufgeregt „der schwarze Bub ärgert uns!“ Ich war am Anfang durcheinander, denn ich habe nicht sofort erkannt, dass sie von meinem Sohn sprach. Sehr oft vergesse ich welche Hautfarbe ich habe, geschweige denn, die von meinen Kindern. Mein Sohn ist ein richtiger Lausbub muss ich zugeben, ihn sollte man mit Vorsicht verteidigen :-). Mich in Kinderkram einzumischen, ist auch nicht meine Art. Hier war ich jedoch gezwungen mich einzumischen, um das wunderschöne Mädchen beizubringen, dass es Menschen mit ihren Namen nennen soll, nicht mit ihren Hautfarben.

Meine Tochter saß neben mir und beobachtete aufmerksam die ganze Situation.  Ich habe das Mädchen gefragt wie es heißt, es mit ihrem Namen angesprochen und ihm dann gesagt, es soll „den schwarzen Bub“ fragen wie er heißt und ihn bitte mit seinem Namen nennen. Nachher sollen sie versuchen das Problem selber zu lösen. Ich liebe es, wenn Kinder miteinander reden und ihre Konflikte selber lösen können – sollten sie Hilfe brauchen, bin ich da. Aber, vorher sollen sie versuchen miteinander zu reden.

Der Satz hat mich zum Nachdenken gebracht. Ist die Hautfarbe wirklich so wichtig? Wie hätte ich anders reagieren können? Andererseits, wenn wir den Kindern den richtigen Weg nicht zeigen, wer denn sonst? Das Mädchen hat nicht gewusst wie mein Sohn heißt, trotzdem könnte es ihn einfach danach fragen.

Es kamen keine Beschwerden mehr und ich genoss den ganzen Abend. Die Kinder haben wunderbar miteinander gespielt. Zum Schluss verabschiedete sich das Mädchen sogar sehr liebevoll von meinem Sohn – „tschüss Joel“ :-). Ist es einfach nicht schön ein Kind zu sein? Wir dürfen das kindliche in uns nicht verloren gehen lassen.

Kinder sind brutal ehrlich und auch sehr leicht manipulierbar. Wann fangen wir an Vorurteile zu haben? Diese Frage beschäftigt mich seit langem. Meine Kinder haben mit ungefähr fünf Jahren angefangen Fragen zu stellen; wieso sie braun sind, wieso sie Locken haben, wieso die Mama schwarz ist und der Papa weiß ist. Jedes Kind ist neugierig und es ist wichtig ihnen die ganzen Fragen zu beantworten – denn sie werden öfters von den Schulkameraden, Freunden, oder wer auch immer, gefragt wieso sie so sind wie sie sind. Meiner Meinung nach braucht sich kein Mensch wegen seiner Hautfarbe, Augenfarbe, Haarfarbe usw rechtfertigen zu müssen.

Allerdings darf man auch die Realität nicht verschweigen. Mir ist auch wichtig ihnen zu erklären, dass es auch schlechte Menschen auf der Welt gibt, die versuchen werden, sie wegen ihrer Hautfarbe klein zu machen. Sie müssen lernen damit umzugehen. Sie für die Welt vorzubereiten, ist mir ein großes Anliegen – dass sie sich nicht unterkriegen lassen sollen und stolz auf ihre Wurzeln sein sollen, denn jeder Mensch ist was besonderes.

Du bist genug so wie du bist.

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Asiyefunzwa na mamaye hufunzwa na ulimwengu – Ein Suaheli Sprichwort.

Auf Deutsch übersetzt; Lehrt die Mutter dem Kind kein gutes Benehmen, tut es die Welt(und die kann brutal sein).

Bis bald!

Eure Easter.

 

Autor: GLEICHAnders

Niemand wird geboren, um einen anderen Menschen zu hassen. Menschen müssen zu hassen lernen und wenn sie zu hassen lernen können, dann kann Ihnen auch gelehrt werden zu lieben, denn Liebe empfindet das menschliche Herz viel natürlicher als ihr Gegenteil. Nelson Mandela

17 Kommentare zu „„Der schwarze Bub ärgert uns!““

    1. Hallo Serap,

      danke sehr für deine schöne Worte. Als Kind hat meine Mama sehr oft mit mir geschimpft, sie meinte, ich rede viel zu viel ohne nachzudenken. Ich bin mit vier Brüdern aufgewachsen, nur durch das Reden könnte ich mich retten, denn ich war viel zu klein für mein Alter.
      Sie würde sich über deinen Kommentar sehr freuen, dass ihre Tochter endlich reflektieren kann :-).

      LG, Easter.

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      1. Liebe Easter,
        mein Bruder hat mal gesagt, dass ein Kidnapper mich nach höchsten zwei Stunden wieder freiwillig zurückbringen würde, weil ich so viel rede 🙂 … Daher kann ich Dich sehr gut verstehen.
        Wenn ich Deine Texte so lese, dann hat Deine Mutter wirklich allen Grund, sich zu freuen, denn sie scheint eine sehr beeindruckende Frau großgezogen zu haben und war ihr ein gutes Vorbild als Mutter.
        Liebe Grüße
        Serap

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  1. Ach Easter,
    mit Kindern auf dem Land zu leben ist (meiner Meinung nach) das Beste, was man machen kann. Da können sie noch (relativ) frei und unbeschwert sein, die lernen wie die Vögel singen, wie das Gras riecht, wie schön das Leben sein kann. Und auch das Miteinader – so, wie du es beschreibst – findet meiner Meinung nach auf dem Land viel stärker und besser statt als in Großstädten.

    Alles Liebe,
    Steffy

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    1. Liebe Steffy,
      du sprichst mir aus der Seele. Ich bin auch am Land aufgewachsen, einfach wunderschön. Meine Kinder (mit ihren Freunden) bauen gerade ein Baumhaus, sie werken dort fast jeden Tag und haben sehr viel Spaß miteinander. Nach der „Arbeit“ liegen sie meisten am Gras und beobachten einfach die Wolken, genießen die Sonne, beobachten die Bauern bei der Arbeit, oder die Hasen und Rehe am Feld. Ach, herrlich!

      LG, Easter.

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  2. Hallo liebe Easter,
    ich wünsche mir von ganzem Herzen dass jeder Mensch deine Einstellung haben sollte. Du machst das sehr gut- danke für deinen wichtigen Beitrag, du bist eine vorbildliche Mutter.
    Lieben Gruß
    Ellen

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  3. Ich bin sehr erfreut, dass ich Ihren Blog gefunden habe und dass Sie zu meiner 40. Followerin geworden sind. Begegnung mit fremder Kultur ist auch mein Thema: ich als junger deutscher „Fremder“ im Irak – 40 Jahre ist es her. Geprägt hat es mich bis heute!

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    1. Das glaube ich dir sofort. Ich finde andere Kulturen kennenzulernen und sie zu respektieren, ist eine große Bereicherung fürs Leben. Man kann davon was lernen, man trifft interessante Menschen und lernt neue Sprachen. Ich bin mir sicher du hast jede Menge positive Erfahrungen mitgenommen….

      Liebe Grüße.

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      1. Kulturen kennenlernen kann eine bereicherung sein. Der „Respekt“ vor Kulturen endet bei mir allerdings dort, wo Menschenrechte verletzt werden. Und da gibt es in der kurdischen und in der arabischen Kultur eine Reihe von Beispielen… Auch darüber berichtet mein Blog!

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      2. Leider nicht nur in der kurdischen und in der arabischen Kultur. In Afrika gibt es Stämme, die Beschneidungen bei Mädchen noch praktizieren. Da endet auch mein Respekt diesen Kulturen gegenüber. Ich habe ein paar diesen Frauen kennengelernt, einfach furchtbar, was ihnen angetan wurde.

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      1. Nein, ich bin später nie wieder in den Irak zurückgekehrt, aber ich habe mich intensiv als ehrenamtlicher Deutschlehrer um die Irakis (und Syrer) gekümmert, die 2015 nach Deutschland geflüchtet waren.

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  4. Eine klasse Seite und vor allem: je mehr Menschen sich abseits von den Mainstreammedien die alles vorkauen und oft belehrend sind sich selbst mit den wichtigen Themen der Gesellschaft beschäftigen, desto höher sind die Chance das sich wirklich etwas ändert. Dieser verordnete Antirassismus ist totaler Quatsch und bewirkt das Gegenteil. Echte eigene Erfahrungen helfen wirklich weiter und bauen Brücken. Ihr Blog hilft dabei. Vielen Dank!

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    1. Ja, genau! Ich war einmal bei einem Vortrag in Wien über Rassismus und nachher habe ich den Vortragender gefragt, ob er schon Rassismus erlebt hat, er sagte nein, sein Wissen kommt von den Büchern. Ich war nachher auf mich angefressen, weil ich meine Zeit dort vergeudet habe!
      Echte Erfahrungen sind wichtig und wie man damit umgeht, ist noch wichtiger meiner Meinung nach.
      Eine schöne Woche wünsche ich dir, liebe Blackwater.

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