„Mama, ich will keine Kinder“!

Neuerlich hatte ich eine interessante Konversation mit meiner Tochter, die (die Konversation) mich fix und fertig gemacht hat. Wir waren am Meer in Kroatien. Es war ein schöner Abend und wir gingen spazieren. Sie ist 13 Jahre alt und voll in der Pubertät. Sie hielt meine Hand. Ich bin eine sehr kleine Frau. Meine Tochter mit 13 Jahren ist schon viel großer als ich. An diesem Abend haben wir sogar ein Kompliment bekommen, was für ein schönes Paar wir doch sind. Meine Tochter geht damit sehr gelassen um. Ich finde, diese GenZ ist sehr offen und tolerant anderer Sexualität gegenüber. Ich brauche nicht viel zu erklären.

So weit, so gut. Wir haben über ihre verstobene Oma gesprochen und wie sie sich liebevoll um ihre Enkelkinder gekümmert hat. Ich hatte einen Kommentar gemacht, dass ich mich auch irgendwann über meine Enkelkinder freue. Sie schaute mich an und sagte mir ganz ruhig „Mama, ich will keine Kinder bekommen“.

Ich bin ursprünglich aus Kenia. Ich bin in einer anderen Kultur aufgewachsen. Nicht in einer schlechten, sondern in einer anderen. Keine Kultur ist besser als die andere. Sie sind nur unterschiedlich. Meine größte Aufgabe bis jetzt war und ist, meine Kinder in einer anderen Kultur, in der ich nicht aufgewachsen bin, großzuziehen. Was für eine Herausforderung! Ich wachse jeden Tag mit ihnen, ich mache meine Fehler und lerne aus ihnen. Bis heute bin ich sehr froh, dass meine Kinder diese zwei Kulturen in sich tragen durften. Was Besseres kann einem nicht passieren!

Für mich ist es eine Bereicherung eine andere Kultur kennen und lieben zu lernen. Ich vergleiche diesen Prozess mit einer neuen Sprachen zu lernen. Eine neue Sprache zu lernen, heißt es nicht, dass ich meine ursprüngliche Muttersprache verlerne. Sie ist ein Teil von mir. Meine Identität. Ich trage sie mit Stolz und sie hindert mich nicht daran, einen neue Sprache dazu zu lernen, eigentlich unterstützt sie mich sogar dabei. Daher ist die Angst, die eigene Kultur zu verlassen, indem ich eine neue dazu nehme, unbegründet.

So, zurück zur Konversation mit meiner Tochter. Sie möchte keine Kinder haben. Gut! Aber wieso hatte ich mit dieser Aussage zu kämpfen? Ich erstarrte! Sie hat es sofort gemerkt. Meine Körpersprache hat mich verraten. Wir hatten nachher ein schönes Gespräch miteinander und ich musste in mich hineingehen, reflektieren und offen mit ihr darüber reden. Dass egal wie sie sich entscheidet, meine Liebe zu ihr wird immer da sein. Trotzdem habe ich über meine Reaktion weiterhin nachgedacht.

Wir erwarten zu viel von Frauen. Würde mein Sohn die gleiche Aussage betätigen, hätte ich sicher anders reagiert. Frauen müssen sehr viele Rollen übernehmen. Wir erwarten, dass die Frau alle diese Hütte bravourös trägt. Sie soll Karriere machen, sie soll Kinder bekommen und gleich nach der Geburt super schlank sein, sie soll eine gute Mutter sein, sie soll eine gute Ehefrau sein. Sie soll gleich nach der Geburt wieder arbeiten, oder doch lieber länger beim Kind bleiben. Nicht sehr selten kommen diese Erwartungen von anderen Frauen. Diese Erwartungen machen uns krank. Irgendwas bleibt immer auf der Strecke um ehrlich zu sein.

Ich habe es gelernt, dass ich manchmal meinen Kindern mehr gebe, manchmal gebe ich mir mehr, meine Karriere, Hobbys, Freunde. Ich habe kein Problem damit. Es ist okay. Diese Woche hat mich die Schule meines Sohnes angerufen, das Kind sei krank, ich solle es sofort abholen. Bei solchen Fällen, ist mir alles Andere egal, die Karriere ist mir egal. Ich lasse alles stehen und hole das Kind von der Schule ab. Dann bleibe ich am nächsten Tag länger in der Arbeit und erledige meine Arbeit, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.

Oder wenn ich merke, ich brauche Zeit für mich alleine, rufe ich meinen Exmann an, er solle die Kinder doch länger bei sich behalten. Schließlich haben wir die gleiche Verantwortung. Dann verbringen ich die Zeit mit mir ganz alleine, ich liebe es, Zeit mit mir zu verbringen. Ich tanke wieder Energie und bin nachher eine ausgeglichene glückliche Frau und Mutter. Alle profitieren davon.

Es ist okay, wenn eine Frau einen Hut nicht tragen möchte. Ob sie heiraten möchte, oder nicht, eine Frau liebt, Kinder bekommen möchte, oder nicht, ist allein ihre Entscheidung. Die Gesellschaft wird damit klarkommen, wenn sie damit klarkommt. Es ist ihre Entscheidung, es ist ihr Körper, sie darf damit machen, was sie will. Auch wenn sie ein Kind nicht austragen möchte und es lieber abtreiben möchte, soll sie es tun. Hauptsache sie ist alt genug und wird vorher aufgeklärt, beraten und begleitet. Wer gibt uns das Recht sie zu beurteilen? Sind wir perfekt?

Ob meine Tochter Kinder bekommt, oder nicht, ist allein ihre Entscheidung. Ich muss damit klarkommen. Es ist meine Geschichte, wenn ich damit nicht klarkomme, nicht ihre. Meine Aufgabe als Mutter ist es, sie zu lieben, beschützen und zu begleiten.

Mögen wir lernen, Frau so zu lieben, wie sie geliebt sein möchte. Möge die Frau lernen, auf den gesellschaftlichen Druck zu verzichten. Möge sie lernen, sich zu lieben, wie sie es für richtig hält, mit allen ihren Kanten und Kurven – und dieses Licht nach außen ausstrahlt.

Schöne Adventszeit!

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Autor: GLEICHAnders

Niemand wird geboren, um einen anderen Menschen zu hassen. Menschen müssen zu hassen lernen und wenn sie zu hassen lernen können, dann kann Ihnen auch gelehrt werden zu lieben, denn Liebe empfindet das menschliche Herz viel natürlicher als ihr Gegenteil. Nelson Mandela

2 Kommentare zu „„Mama, ich will keine Kinder“!“

  1. Mach Dir keine Sorgen. Ich kenne viele, die in der Pubertät gesagt haben, dass sie keine Kinder haben möchten, aus ganz unterschiedlichen Gründen.
    Bei mir war es damals aus Umweltgründen. In dem 80er Jahren litt man in Deutschland unter vergifteten Flüssen und saurem Regen. Da sah ich für Nachwuchs keine gesunde Zukunft.
    Die Einstellung ändert sich 10-15 Jahre später. Du darfst also noch hoffen.

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