Die Weisheit, die im Herzen eingeschlossen ist, gleicht dem Licht in einem Krug.

„Du hast drei Freunde auf der Welt: Mut, Verstand und Weisheit“. Ein afrikanisches Sprichwort.

Hallo – alle miteinander,

meine Oma starb vor drei Jahren mit einhundertdrei Jahren. Sie war eine Hebamme, eine Mediatorin und eine begabte Medizinfrau, die vielen Menschen half. In den Ferien besuchte ich sie sehr gerne und verbrachte wunderschöne Tage mit ihr. Nichts brachte mir mehr Freude, als mit ihr am Abend am Lagerfeuer zu sitzen und ihre geheimnisvolle weise Geschichten zu hören.

Wir hatten einen Platz am Fluss, wo die Mädchen sich jeden Tag am nachmittag in den Ferien gesammelt haben und von meiner Oma „Mädchenunterricht“ bekamen. Ich bin damals fast vor Stolz geplatzt, dass ich so eine kluge Oma hatte!

Sie lehrte mir wie wichtig es ist sich zu lieben, als Frau meinen Körper zu ehren und ihn zu respektieren –  ihn richtig kennen zu lernen, auf ihn zu achten und richtig zu hören was er mir sagt. Von ihr lernte ich wie wichtig es ist, einen gesunden Bezug zu meinem Körper zu haben, denn wer seinen Körper liebt, möchte nur gutes für ihn tun. Wir aßen stundenlang miteinander und sie sagte mir einmal, „wer gesundes Essen genießt, sich reichlich bewegt und sich liebt, hat nie Probleme mit seinem Gewicht“. Diese Weisheit gebe ich meinen Kindern gerne weiter, sie ist zu wertvoll um verloren zu gehen.

Es macht mich bis heute sehr traurig, dass meine Kinder sie nie kennen lernen dürften. Als ich mit den Kindern vor zwei Jahren nach Kenia flog, war sie bereits gestorben. Sie war eine wunderbare Frau, ihre Weisheit war unermesslich. Ihre Geschichten erzählte meine Mama meinen Kindern weiter, als wir sie besuchten. Was für ein tolles Gefühl meine Kinder am Lagerfeuer mit meiner Mama zu sehen – genauso wie damals mit meiner Oma!

Was gibt es besseres als das Wissen direkt von der Quelle zu erhalten? Die alte Generation hat das Wissen und sie gibt es gerne weiter, wenn man ihr die Chance gibt. In meiner Ortschaft sind die ältere Menschen die wichtigsten Leute. Wir rennen zu ihnen, wenn wir Probleme haben, oder Ratschläge brauchen. Sie sind unsere Verbindung zu den Göttern. Die ganze Ortschaft kümmert sich um sie. Es ist die Aufgabe der Jugend nach den alten zu schauen, ob sie was brauchen, schon gegessen haben, oder nur plaudern möchten. Dies sei egal, ob du mit ihm/ihr verwandt bist. Ich bin in der Nähe vom Viktoriasee geboren, damals besuchten wir gerne ältere Menschen, um einfach von ihnen zu lernen.

Die Altersheime lernte ich erst in Europa kennen. Wieder ein Schock für mich in der neuen Heimat. Mit der Zeit verstand ich die Hintergründe, wieso die ältere Menschen in den westlichen Ländern in die Heime gebracht werden. Das Leben hier ist teurer, meistens arbeiten beide Elternteile, um das Leben leisten zu können. Wer sollte sich um sie kümmern? Außerdem ist das Gesundheitssystem hier viel besser und das Personal in den Heimen werden gut bezahlt, dass sie halbwegs eine gute Arbeit machen. Daher verurteile die Altersheime nicht, sondern sehe sie einfach, als ein Teil der westlichen Kultur.

Jedoch fehlt mir hier der Respekt den Alten gegenüber. Wie oft habe ich schon im Zug erlebt, dass junge Menschen sitzen bleiben während eine ältere Dame oder ein alter Herr steht? Dieses Verhalten finde ich sehr traurig und es bricht mir jedes Mal das Herz. Ich kann es nicht zusehen, sehr oft fordere ich sie aufzustehen, um den Platz frei zu machen. Manchmal habe ich Erfolg, manchmal nicht. Als Mutter kann ich nur meinen Teil beitragen indem ich meinen Kindern beibgringe, ältere Menschen zu respektieren und sie mit Würde zu behandeln, denn wir sind alle auf dem Weg dorthin, ob wir es wollen oder nicht – und als Beispiel voranzugehen. Schließlich möchten wir auch mit Respekt behandelt werden, wenn wir alt und gebrechlich sind.

Als ich hier kam, lernte ich die Geschichte Europas von der älteren Generation. Der Weltkrieg war für mich ein großes Phänomen. Wie konnte so was passieren? Es war sehr spannend direkt von den Überlebenden zu erfahren, wie sie den Krieg erlebt haben und was wir, die junge Generation machen können, dass so was nicht wieder passiert. Bis heute bete ich jeden Tag, dass die Menschen nicht denselben Fehler wieder machen und nie aufhören miteinander zu reden, denn reden ist einander lieben.

Jedes Mal, wenn meine Kinder Zeit mit der Oma oder mit der Uroma verbringen, freue ich mich sehr. Denn es gibt nur Vorteile, sofern die Beziehung zwischen ihnen gesund ist. Wenn ich die Jugend von heute ansehe, bin ich sehr verzweifelt. Von Respekt und alte Werte haben sie nichts übrig – die Lehrer werden mit Vornamen genannt, es wird laut über die Mutter im Zug gelästert und geschimpft, habe ich vor kurzem im Zug erlebt. Kann es sein, dass sie zu Hause keine Aufmerksam bekommen und diese woanders suchen? Was machen wir falsch? Diskutieren wir zuviel mit ihnen und geben ihnen zuviel Freirraum? Setzten wir die Grenzen nicht klar genug? Sind es die Computerspiele zu Hause, oder die Handys? Kann es sein, dass wir die Erziehung den Lehrern überlassen? Ich bin sowieso der Meinung, dass Erziehung zu Hause entsteht und nicht in der Schule.

Lassen wir unsere Kinder wieder mit der älteren Generation zusammenkommen. Lassen wir sie voneinander lernen. Ich bin fest davon überzeugt, dass sie dadurch wieder auf dem richtigen Weg kommen werden. Ich bin mir sicher die goldene Generation haben nichts dagegen. Wie sagte meine Oma so schön? Allein essen ist wie allein sterben. Lassen wir sie nicht allein essen.

„Gehe ich vor dir, dann weiß ich nicht, ob ich dich auf den richtigen Weg bringe.
Gehst du vor mir, dann weiß ich nicht, ob du mich auf den richtigen Weg bringst.
Gehe ich neben dir, werden wir gemeinsam den richtigen Weg finden“.

Genießt den Frühling!

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Eure Easter.

Bis bald!

Autor: GLEICHAnders

Niemand wird geboren, um einen anderen Menschen zu hassen. Menschen müssen zu hassen lernen und wenn sie zu hassen lernen können, dann kann Ihnen auch gelehrt werden zu lieben, denn Liebe empfindet das menschliche Herz viel natürlicher als ihr Gegenteil. Nelson Mandela

8 Kommentare zu „Die Weisheit, die im Herzen eingeschlossen ist, gleicht dem Licht in einem Krug.“

  1. Danke für deine inspiririerenden Worte. Es ist viel an Kultur in Europa verloren gegangen. Auch bei uns gab es mal die „Alten Weisen“ – durch den modernen Fortschritt, die Medienlandschaft und vielen anderen Einflüssen, wurde „Jugend und Schönheit“ vor „Weisheit des Alters“ gestellt. Es liegt an uns selbst, zu „Alten Weisen“ zu werden, indem wir mit gutem Beispiel vorausgehen.

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    1. Hallo Dominique,
      Recht hast du! Nelson Mandela sagte einmal „was man lernen kann, kann er wieder verlernen und umgekehrt“. Wie du so schön sagst, es liegt an uns mit gutem Beispiel vorauszugehen und alles wird gut.

      Bis bald.

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  2. Hallo, du hast das mit deiner Oma sehr anschaulich beschrieben. Ich habe mich gleich wieder an meine eigene Oma erinnert, die ich bis zu ihrem Tod immer gerne besucht habe. Mit ihr konnte ich mich ganz anders austauschen, weil sie aus einer anderen Zeit sprach, und andere mir fremde Massstäbe hatte. Manches hab ich mich deshalb auch nicht getraut, zu fragen, zB. wie es ihr mit meinem Opa ging – das finde ich jetzt etwas schade, aber ich würde es mich auch heute nicht trauen -vielleicht sind manche Dinge zu intim. Sie hat sich jedenfalls vor ihrem Tod sehr gefreut und getröstet gefühlt, als ich ihr sagte, dass ich fest daran glaube, sie jetzt den Opa wieder sieht. Ich erlebe es in meiner Heimat allerdings leider häufig auch so, dass sich ältere Leute unmöglich benehmen, egozentrisch, besserwisserisch, nörglerisch, drängelnd, was auch immer, und es mir deshalb schwer fällt, sie mit mehr Respekt als andere zu behandeln, weil ich eben keine Weisheit durch sie vermittelt bekomme.

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    1. Liebe Sandra,
      ja, ich hatte viel Glück mit meiner Oma. Ich war ein neugieriges Kind und stellte alle möglichen Fragen. Ich glaube, die ältere Leute haben ein Schutzmechanismus entwickelt, daher dieses Benehmen. Ich liebe es von ihnen zu lernen, manchmal braucht man länger einen Zugang zu ihnen zu bekommen, aber das ist es wert. Gib sie nicht auf.

      Einen schönen Sonntag wünsche ich dir!
      LG, Easter.

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